Vor- und Nachteile im Überblick
Wie bei allen anderen Hilfsmitteln in der Hundeerziehung auch, gibt es beim Halti Befürworter und Gegner. Für viele Hundehalter sind Teletakt und Stachelhalsband mittlerweile tabu, aber wie ist es beim „Halti“? Über Vorteile, Probleme und die Nutzung von Hundekopfhalftern informieren wir hier.
Generelles
Haltis sehen aus wie Pferdehalfter und haben keine Maulkorbfunktion: Der Hund kann sein Maul weiterhin öffnen, hecheln und fressen. Manche Hundebesitzer lehnen diese Halfter strikt ab, manche nutzen sie als zeitbegrenztes Trainingsmittel und wieder andere gehen nicht mehr ohne mit dem Hund spazieren. Es wird gesagt, dass sich das Halfter – wie auch bei anderen Tieren – am besten zur Führung eignet, immerhin wird es seit Jahrhunderten bei Vierbeinern von Pferd bis Kamel genutzt: Hier greift das Sprichwort „führt man den Kopf eines Tieres, so führt man es ganz”.
Generell ist der Einsatz eines Haltis ein gutes Mittel zur Kommunikation, unter der Bedingung, dass es richtig eingesetzt wird. Es hilft beispielsweise bei aggressiven oder dominanten Hunden oder dann, wenn das Kräfteverhältnis „Mensch-Hund“ nicht stimmt. Wichtig ist aber zu betonen, dass das Kopfhalter eine vernünftige Erziehung nicht ersetzt: Es bekämpft zwar die Symptome, löst aber nicht das Hauptproblem: Das ist meistens eins, das sie Beziehung zwischen Mensch und Hund betrifft.
Wirkungsweise des Kopfhalfters
Im Allgemeinen arbeiten die ursprünglichen Kopfhalfter so, dass ein Zug an der befestigten Leine die Schlaufe zusammenzieht, die das Maul („den Fang“) umgibt. Es entsteht ein Schnauzengriff, der Bestandteil der Hundesprache ist. Generell bedeutet dieser eine Reglementierung von unerwünschtem Verhalten und wird vor allem von der Mutterhündin bei Welpen angewendet. Problem ist aber, dass a) nicht alle Hunde wissen, was ein Schnauzengriff bedeutet und b) er je nach Druckstärke verschiedene Bedeutungen hat. Die normale Folge bei starkem Druck und somit einem starken Schnauzgriff ist natürlicherweise unterwürfiges Verhalten, was sich durch Vermeidung von Blickkontakt und Vergrößerung des Abstandes zeigt. Das ist jedoch das Gegenteil von dem, was mit dem Halti erreicht werden soll, nämlich Blickkontakt und Konzentration auf den Menschen. Zu empfehlen sind deshalb Halfter, die einen Stopp besitzen und sich nicht um die Schnauze zusammenziehen: Hier wird lediglich ein sanfter Druck ausgeübt, der nicht unterordnend wirkt, sondern die Aufmerksamkeit des Hundes lediglich auf den Halter lenkt.
Die richtige Anwendung
Jetzt kommen wir zur Anwendung des Haltis und direkt zum wichtigsten Punkt bei der ganzen Sache: Niemals sollte man das Halti von Anfang an in Eigenregie anwenden: Man sollte sich viel mehr die Nutzung von einem Trainer oder anderweitig qualifizierten Person erklären und zeigen lassen – ideal sind häufige, gemeinsame Trainingseinheiten. Bei der falschen Nutzung kann viel schief gehen und der Versuch, etwas zu verbessern, kann böse nach hinten losgehen.
Beim Training mit einem Profi wird man vor allem lernen, wann, wie und in welchen Fällen das Halti „zu benutzen“ ist. Beispielsweise sollte es immer kombiniert mit einem Stimmsignal und Zug an der kurzen Leine kombiniert werden, dazu ist der punktgenaue Einsatzzeitpunkt wichtig. Ist die Leine zu lang, wächst das Verletzungsrisiko, da der Hund dort mit voller Wucht ins Halfter läuft und sich schwer verletzen kann.
Generell gilt, dass man den Hund nie nur am Halti führen sollte. Man sollte parallel immer Halsband oder Geschirr verwenden, dazu im Idealfall zwei separate Leinen für die beiden „Hilfsmittel“. Man kann auch eine Führleine nehmen, die an beiden Enden einen Karabiner besitzt. Wichtig ist jedoch, dass das Ziehen des Hundes immer über die Führleine und das Geschirr/ Halsband abgefangen wird, niemals durch das Halti.
Grundsätzlich sollte das Halti dazu genutzt werden, die Aufmerksamkeit des Hundes bei Sich-Nähern einer Reizquelle auf den Menschen zu lenken und ihn so aufnahmebereit für weitere Kommunikation zu machen. Aggressive, gestresste oder dominante Verhaltensweisen können so unterbrochen bzw. im Voraus verhindert werden. Bevor das Halti jedoch überhaupt benutzt wird, ist es wichtig, den Hund stressfrei und mit viel positiver Bestätigung an das Kopfhalfter zu gewöhnen.
Wichtig: Lernprozess und Kommunikation
Man sollte sich als Halter von vorneherein bewusst sein, dass das Halti keine Lösung „für Faule“ ist: Auch man selber muss hart an sich arbeiten, nicht nur der Hund. Wichtig ist es vor allem, dass man die vorherige „Leinenrucktechnik“ vollständig ablegt.
Außerdem ist zu betonen, dass das Kopfhalter nur ein Sicherungsmittel sein sollte: Der Blickkontakt zum Menschen kann durch gezieltes Training und intensive Beschäftigung mit dem Hund viel besser erreicht werden als durch ein Halti – es sollte nie die erste Wahl bzw. der erste Versuch sein. Darüber hinaus sollte es keine Dauerlösung sein, da das Training im Idealfall zur Besserung der Symptome führt und somit das Halti unnütz macht.
Falsche Nutzung
Wie bereits gesagt, ist auch die Arbeit des Hundehalters an sich selber wichtig. Das Halti ist eine direkte Verbindung des Menschen zu einer sehr empfindlichen Körperstelle des Hundes und sollte nur zur „feinen“ Kommunikation genutzt werden: Unruhiges Gezuppel, Ziehen an der Leine oder Schlenkern wird den Hund viel mehr überfordern und ihn dazu bringen, diese vermeintlichen unverständlichen Signale zu ignorieren. In solchen Fällen funktioniert die Kommunikation über das Halti auch dann nicht mehr, wenn ein gewolltes Signal vermittelt werden soll.
Das größte Problem bei einer unsachgemäßen Nutzung des Haltis sind die körperlichen Schäden, die beim Hund entstehen können. Macht der Hund regelmäßig die Erfahrung, dass sein Kopf ohne Vorwarnung zur Seite gerissen werden könnte, wird er sich im Bereich der Nacken- und Schultermuskulatur stark verkrampfen, was mit der Zeit auch negative Auswirkungen auf Gelenke und den gesamten Körper haben kann. Im schlimmsten Falle kann es zu erheblichen Schäden an der Halswirbelsäule oder sogar zum Genickbruch kommen: Wenn ein 70 kg schwerer Hund an einer langen Leine 10 m Platz zum lossprinten hat und dann mit voller Wucht vom Halti gestoppt wird, sind solche schwerwiegenden Folgen nicht verwunderlich.
Auch ist der richtige Sitz des Halfters wichtig: Ist es zu groß oder zu klein, kann es schmerzhaft scheuern, verrutschen oder gar bestimmte Stimulationspunkte an dieser empfindlichen Stelle überreizen. Deshalb vor dem Kauf unbedingt die Maße nehmen oder den Hund gleich mitnehmen und sich vor Ort beraten lassen.
Auf langfristige Sicht kann auch die Psyche des Hundes geschädigt werden, so dass er immer einen stark unterwürfigen, gehemmten Eindruck macht, wenn er das Halti trägt. Das natürliche Verhalten fehlt völlig, er ignoriert andere Hunde ebenso wie interessante Gerüche oder das Markieren seines Revieres. In solchen Fällen muss das Halfter sofort weg.
Man sollte also immer gut abwägen, ob man ein Halti benutzen will. Bei der richtigen Anwendung kann es ein gutes Hilfsmittel sein, welches aber nur über einen bestimmten Zeitraum angewendet werden sollte. Die falsche Anmeldung kann schwerwiegende Folgen haben und das unerwünschte Verhalten nur noch verschlimmern. Deshalb immer Hilfe beim Profi suchen. Parallel muss immer weiter an der richtigen Beziehung zwischen Hund und Halter gearbeitet werden.